Alternative Kraftstoffe und KI als Schlüsselthemen für nachhaltige Schifffahrt
Angesichts der internationalen Vereinbarung der Schifffahrtsbranche, bis 2050 klimaneutral zu werden, hat der Bremer Kongress für Nachhaltigkeit in der Schifffahrt („Sustainable Shipping Congress“), der das sechste Mal stattfand, seinen Schwerpunkt auf alternative Kraftstoffe sowie auf nachhaltige und effiziente Technologien gelegt. Die Fachtagung, die von der Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation, der Hochschule Bremen sowie vom Maritimen Cluster Norddeutschland (MCN) vom 22. bis 23. April im Haus der Bremischen Bürgerschaft veranstaltet wurde, zeigte zudem auf, wo weitere Handlungsbedarfe bestehen.
Die internationale Flotte zu dekarbonisieren, sei eine gewaltige Aufgabe, sagte Prof. Burkhard Lemper vom Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik: „Von 62 000 Schiffen weltweit werden momentan nur 2,2 Prozent mit alternativen Brennstoffen betrieben beziehungsweise für den späteren Betrieb vorbereitet.“ Um Schiffe in der erforderlichen Zeit und Zahl umzurüsten, hält Lemper staatliche Anreize und internationale Regeln für erforderlich.
Der französische Logistik-Konzern CMA CGM werde in den kommenden Jahren rund 15 Mrd. US-Dollar in die Dekarbonisierung seiner Flotte investieren, kündigte die Deutschland-Geschäftsführerin Mirja Nibbe an. Um die CO2-Emissionen bis 2030 um 30 Prozent zu reduzieren, sollen 119 der 620 CMA-CGM-Schiffe auf den Dual-Fuel-Betrieb mit nichtfossilen Brennstoffen umgerüstet werden. Es sei allerdings noch nicht klar, „welcher Kraftstoff am nachhaltigsten und zugleich bezahlbar ist.“
Zu den favorisierten Kraftstoffen zählen Methanol und Ammoniak aus grünem Wasserstoff. Laut Dr. Nils Meyer-Larsen vom Institut für Seeverkehr und Logistik hätten sie „das größte Potenzial als Treibstoff für die Langstrecke.“ Henning Edlerherr, der sich in der MCN-Geschäftsstelle Niedersachen schwerpunktmäßig mit dem Weg der Schifffahrt zur Klimaneutralität befasst, betonte indes: „Aber das Hauptthema bleibt weiterhin die Verfügbarkeit geeigneter Treibstoffe.“ Darüber hinaus ginge es auch um „die Sicherheit für Besatzung, Schiffe und Umwelt“, so Holger Steinbock von der Berufsgenossenschaft Verkehr. Viele technische Regeln müssten erst noch entwickelt werden, da Methanol ein leicht brennbarer Kraftstoff und Ammoniak hochgiftig sei.
Die Containerreederei Hapag-Lloyd sei in Treibstofffragen derzeit für alles offen: „Für uns stehen zunächst starke Investitionen in die Effizienzsteigerung unserer Flotte im Vordergrund“, sagte Maximilian Riedel, Regulatory Affairs Manager bei Hapag-Lloyd. Einen wesentlichen Beitrag zur Effizienzsteigerung versprechen sich viele Schifffahrtsunternehmen von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz (KI). Es gebe einen großen Bedarf an solchen Wegen zu einer besseren „Vessel Performance“, bestätigte Guido Försterling, Vorstandsmitglied der Reederei Sloman Neptun.
Auch die Seeversicherer sehen große Chancen in der Nutzung digitaler Technologien. Mit ihnen können Risiken besser erkannt und schneller reagiert werden. Louis Ravens von Lampe & Schwartze KG prognostizierte ein großes Potenzial für zukünftige Versicherungsmodelle, die darauf abzielen, bei der Risikobewertung von Schiffen Faktoren wie CO2-Emissionen und die Einhaltung von Umweltvorschriften zu berücksichtigen.