Thyssen-Korvetten - Schmiergeld in die Schweiz?

Südafrikas größtes Rüstungsgeschäft bringt Deutsche wie Südafrikaner gleichzeitig in Verlegenheit. Nur wenige Tage, bevor sich beide Länder feierlich als alte und neue Fußball-WM- Ausrichter den Stab überreichen, überschatten Ermittlungen der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft gegen den Thyssen-Konzern die Show.

Es geht um vermutete Unregelmäßigkeiten beim Verkauf von vier Kriegsschiffen durch ein von Thyssen geleitetes Konsortium. Nach Angaben des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» wird geprüft, ob 1999 bei dem damals 700 Millionen Mark teuren Deal (350 Millionen Euro) Schmiergelder in Höhe von 30 Millionen Mark (15,3 Millionen Euro) geflossen sind.

Doch da scheint die ARD-Sendung «Monitor« schon weiter zu sein. «In Deutschland geht es nicht um die Frage ob, sondern wann Schmiergelder gezahlt wurden. Thyssen hat die Zahlung von Geldern nicht bestritten», erklärte «Monitor»-Redakteur Markus Schmidt am Montag dem südafrikanischen Rundfunksender SAFM. Nach seinen Erkenntnissen stammen die Hinweise über die Zahlung von einem südafrikanischen Informanten, der sich 2002 mit einem Brief an die deutschen Behörden gewandt hat. Das Schmiergeld sei einer einzelnen Person auf ein Schweizer Konto gezahlt worden. Der Thyssen-Konzern bestätigte zwar die Ermittlungen, ging aber davon aus, dass sich der Verdacht nicht bestätigen wird.

Für die deutsche Justiz entscheidend ist in der Tat die Frage, wann Provisionsgeld geflossen ist. Denn Deutschland gehört dem Industrieländer-Club OECD (Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) an, der seinen Mitgliedsländern die steuerliche Absetzung so genannter «nützlicher Aufwendungen» für Mittelsmänner untersagt. In Deutschland wurde das ab Februar 1999 illegal. Wären also entsprechende Gelder vor diesem Datum abgesetzt worden, wäre es aus deutscher Behördensicht noch legal gewesen.

In Südafrika rufen die Ermittlungen der Deutschen ebenfalls lebhaftes Interesse hervor. Obwohl die dortige Justiz nach eigenen Angaben von ihren deutschen Kollegen bisher noch nicht um Amtshilfe gebeten wurde, gibt es bereits erste Rufe nach Wiederaufnahme einer früheren Untersuchungskommission. Denn neben der Lieferung der vier Fregatten-ähnlichen Korvetten war der Rest des milliardenschweren Rüstungsauftrags für die Modernisierung der Streitkräfte ebenfalls von Korruptionsvorwürfen umgeben. Oppositionspolitikerin Patricia de Lille, die als eine der ersten am Kap auf vermutete Unregelmäßigkeiten hingewiesen hatte, sieht sich daher bestätigt.

Im Zusammenhang mit den Vorwürfen wurde auch ein enger Berater von Südafrikas früherem Vize-Präsidenten Jacob Zuma verurteilt. Zuma, der vor dem Hintergrund sein Amt verlor, wird sich Ende des Monats selbst unter dem Vorwurf der Bestechlichkeit vor Gericht verantworten müssen. Der nach wie vor sehr populäre Politiker gilt als möglicher Nachfolger des südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki, wenn der nach dem Ende seines zweiten Mandats in 2009 zurücktreten wird. Am Wochenende gab es Hinweise darauf, dass die Justiz seinen Prozess ins kommende Jahr verschieben will. Sollte nun neue Hinweise aus Deutschland hinzu kommen, könnte sich das Verfahren erneut verschieben - und damit die Kandidatenkür des regierenden Afrikanischen National-Kongress (ANC) Ende 2007 für das höchste Amt im Staate beeinträchtigen.

Mehr: In der Tagesausgabe des THB Deutsche Schiffahrts-Zeitung.

Teilen
Drucken
Nach oben