Seeleute schwammen um ihr Leben
Rund eine Woche nach dem Untergang des Frachters «Finnbirch» hat der schwedische Kapitän Tomas Hellgren erstmals über den verzweifelten Überlebenskampf der 14 Besatzungsmitglieder in der Sturm gepeitschten Ostsee berichtet. «Ich schwamm mit allen Kräften, die ich noch hatte, nur weg vom untergehenden Schiff», sagte Hellgren am Donnerstag im Rundfunksender SR über die Lage bei fast zehn Meter hohen Wellen und Sturm in Orkanstärke. Hellgren überlebte zusammen mit elf weiteren Seeleuten, während ein Besatzungsmitglied vermisst blieb und ein weiteres nach der Bergung im Krankenhaus starb.
Die zehn philippinischen und vier schwedischen Besatzungsmitglieder hatten am vergangenen Donnerstag vier Stunden vergeblich auf dem mit extremer Schlagseite vom Untergang bedrohten Schiff zugebracht und auf ihre Bergung gewartet. Hellgren, der sich zuletzt mit einer zerschmetterten Kniescheibe und schweren Gesichtswunden an einer Reling nahe der Kommandobrücke festgeklammert hatte, äußerte Verständnis für die Entscheidung der Rettungsspezialisten, keinen Versuch zur Bergung vom Schiff zu machen: «Aus ihrer Sicht war das richtig. Sie haben eine Entscheidung getroffen, zu der sie standen, und das akzeptiere ich.»
Dass die Seeleute erst nach dem Sinken des Schiffes und vierstündigem Kampf gegen Sturm, Kälte und Wasser von Hubschraubern aus geborgen wurden, hatte am Vortag der Verband der schwedischen Schiffskapitäne ungewöhnlich scharf kritisiert. Die Einsatzleitung begründete ihr Zögern mit akuter Lebensgefahr für die Rettungsmannschaften durch den stark und unkontrolliert im Sturm rollenden Schiffskörper.
Im Krankenhaus von Kalmar sagte Hellgren, es sei für ihn ein Rätsel, warum sich Container und Lkw-Trailer so schnell und massiv verschieben konnten, dass die 155 Meter lange «Finnbirch» binnen kürzester Zeit eine starke Schlagseite von 45-50 Grad bekam. Als das Schiff dann vier Stunden später sank, seien ihm die Überlebenden beim Untergang der Ostseefähre «Estonia» 1994 durch den Kopf gegangen. Er sagte weiter: «Ich dachte, dass ich das hier auch überleben muss. Wir sind alle vom Schiff weggeschwommen, zwischen all den Containern und Balken».
Die Ursache für das Unglück zwischen den Inseln Gotland und Öland und auch eine mögliche Mitverantwortung des Schiffsführers wird von der staatlichen Havariekommission untersucht.