«Schulschiff Deutschland» wird 80

Weit über ein Jahr lang hat Wolfgang Jaschek auf dem Großsegler «Schulschiff Deutschland» das Segelhandwerk gelernt. Doch erst an seinem 70. Geburtstag erfuhr er zufällig, dass er genau an dem Tag geboren wurde, an dem das Schiff bei der Werft Tecklenborg in Bremerhaven vom Stapel lief - am 14. Juni 1927. Seinen 80. Ehrentag beging Jaschek gestern daher stilecht an Bord des Schiffes im Bremer Stadtteil Vegesack.

Wolfgang Jaschek wurde im tschechoslowakischen Sudetenland geboren. Mit 15 Jahren sah er in seinem Heimatort einen Seemann. «Die schöne Uniform gefiel mir», sagt er. Vom 1. April 1943 bis zum 15. November 1944 lernte Jaschek auf der «Schulschiff Deutschland». Später lenkte er viele andere Schiffe als Kapitän über die Weltmeere. Die gut 88 Meter lange und 52 Meter hohe «Schulschiff Deutschland» war der letzte Segelschiffneubau, der bei Tecklenborg vom Stapel lief. Insgesamt unternahm das Schiff bis zum Herbst 1944 zwölf Überseereisen, dann war auf Grund der Kriegswirren Schluss mit der Fahrt über die Ozeane. «Den Winter über lagen wir in Lübeck», erinnert sich Wolfgang Jaschek. Und im Sommer kam das Schiff wegen der Blockade der Alliierten nicht aus der Ostsee heraus. «Da sind wir dann dauernd um Bornholm herum gefahren. 20 Mal links rum, 20 Mal rechts rum.»

Nach dem Krieg sollte die «Schulschiff Deutschland» den Alliierten übergeben werden. Doch die Besatzung tarnte sie als Lazarettschiff. Nachdem es fortan für einige Zeit als Jugendherberge diente, wurde die «Schulschiff Deutschland» 1952 wieder zum Ausbildungsschiff. Seit 1994 ist es das einzige schwimmende Kulturdenkmal Deutschlands, seit 1996 liegt die «Schulschiff Deutschland» in Bremen-Vegesack an der Lesum-Mündung vor Anker. Dort dient sie Interessierten und Ehemaligen als Museum und Erinnerungsstätte.

Um den Unterhalt bezahlen zu können, bemüht der «Schulschiff Deutschland»-Eigner, der Deutsche Schulschiff-Verein, mittlerweile auch andere Wege. Denn die Eintrittsgelder der rund 10 000 Besucher im Jahr reichen nicht aus für die Finanzierung, öffentliche Gelder fließen nicht mehr. Daher steht das Schiff nun auch für Tagungen und als Hotel zur Verfügung. Sogar Hochzeiten können dort gefeiert werden. Trauungen kosten 320 Euro, eine Mitarbeiterin des Vereins hat sich dafür extra zur Standesbeamtin ausbilden lassen. Aus dem Ausbildungsschiff ist ein «Großsegler mit Eventcharakter» geworden, wie Vereins-Geschäftsführer, Wulf Dominik, das Ergebnis nennt.

An diesem Wochenende wird der Jubilar unter anderem mit Filmvorführungen und Seemannsliedern gefeiert, Dominik hofft auf Hunderte von Besuchern. Unter ihnen werden sicherlich auch einige Ehemalige sein. Mittlerweile sind 742 von ihnen namentlich bekannt. Dieter Hengelage, 1953 zur Grundausbildung an Bord, führt die Listen. «Pro Jahr kommen 60 bis 70 Neuaufnahmen hinzu», erzählt er. Und auf den Listen stehen sogar zwei alte Herren, die 1927 auf der Jungfernfahrt nach Kapstadt dabei waren.

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