Schlepper gekentert - acht Tote
Bei einem Schiffsunglück vor den schottischen Shetland-Inseln sind vermutlich acht Norweger ums Leben gekommen. Die britische Marine gab am Freitag rund 20 Stunden nach dem Unglück ihre Bemühungen um die Rettung der fünf Vermissten auf - unter ihnen ein 15 Jahre alter Schiffspraktikant und sein Vater.
Es gebe so gut wie keine Chance mehr, die Vermissten in dem kieloben treibenden Schiff lebend zu finden, sagte eine Sprecherin der Küstenwache. Der Einsatz von Tauchern und anderen Marineangehörigen sei deshalb von einer Rettungs- zu einer Bergungsaktion herabgestuft worden, hieß es bei der Royal Navy. «Das ist eine große Tragödie», sagte der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg dem Sender NRK. Alle Norweger würden an der Trauer Anteil nehmen.
Das Spezialschiff «Bourbon Dolphin» war am Donnerstagabend mit 15 Norwegern an Bord rund 160 Kilometer vor den Inseln bei kräftigem Wind nahe einer Öl-Bohrinsel gekentert. 10 der 15 Besatzungsmitglieder konnten kurz danach aus dem Wasser geborgen werden. Einige Stunden später erklärte die Küstenwache jedoch, drei von ihnen seien gestorben. Die sieben Überlebenden wurden in das Krankenhaus von Lerwick auf den Shetland-Inseln geflogen. Die Reederei Bourbon Offshore Norway charterte ein Flugzeug, um Verwandte der Seeleute dorthin zu bringen.
«Dies ist der schlimmste Tag in der Geschichte des Unternehmens», sagte Reedereichef Trond Myklebust. «Es ist sehr tragisch für uns alle, und wir versuchen, den Angehörigen zu helfen, so gut es geht.» Die britischen Behörden kündigte eine genaue Untersuchung zur Ursache des Unglücks an. Medienberichten, wonach ein mit dem Schiff verbundener Anker der Öl-Plattform abgerutscht sei und die «Bourbon Dolphin» dadurch auf die Seite geworfen habe, wurden zunächst nicht bestätigt.
Myklebust nannte das Unglück «völlig unverständlich». Es habe mit «Bourbon Dolphin» vorher keine Probleme gegeben. Das Schiff wurde 2006 gebaut und als Spezialschiff zur Verankerung von Bohrinseln eingesetzt. Der überlebende Seemann Ånje Nilsen (39) berichtete der Zeitung «Nordlys»: «Alles ging unglaublich schnell, als das Schiff zu kentern begann.» Er selbst habe vor seiner Bergung 25 Minuten im Wasser gelegen und in seiner Panik akute Atemprobleme gehabt.
Ein Sprecher der Shetland-Küstenwache sagte, das Wasser habe an der Unglücksstelle eine Temperatur von nur fünf Grad gehabt. Die Überlebenschancen der Seeleute, die in dem Schiff wie in einer Falle eingeschlossen waren, seien nach ungefähr zwölf Stunden nur noch äußerst gering gewesen, «selbst wenn sie in dem Schiff ein Luftpaket zum Atmen gefunden haben sollten».
Nach britischen Marineangaben wurde innerhalb des Schiffs mit einem ferngesteuerten Tauchfahrzeug nach Überlebenden gesucht. Dabei seien auch Instrumente eingesetzt worden, die aus der Ferne Körperwärme ausmachen können. Fast alle Opfer stammten wie die geretteten Seeleute aus der kleinen mittelnorwegischen Küstengemeinde Herøy, wo auch die Reederei ihren Sitz hat. Sicherheitshalber wurden von der Bohrinsel «Transocean Rather», mit der das Unglücksschiff vertäut war, alle rund 100 Mitarbeiter, die nicht unbedingt erforderlich waren, auf das Festland gebracht. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das gekenterte Schiff gegen die Plattform treibt und diese beschädigt, hieß es.