Ölpest vor Südkorea immer schlimmer
Die Ölkatastrophe an der südkoreanischen Westküste nimmt immer gravierendere Ausmaße an. Mittlerweile sei die Küste auf einer 40 Kilometer langen Strecke vom Öl verschmutzt, teilte am Montag das Ministerium für Maritime Angelegenheiten und Fischerei mit. Etwa 10 500 Tonnen Rohöl waren am Freitag aus dem leckgeschlagenen Großtanker «Hebei Spirit» ausgelaufen. Zu Wochenbeginn erstreckte sich der schwarze Ölteppich auf dem Gelben Meer über eine Länge von 150 Kilometern. Fast 9000 Menschen, darunter Reinigungstrupps von Spezialfirmen, Soldaten und Anwohner, kämpften weiter gegen die Folgen der bisher größten Ölpest des Landes.
Das Fernsehen zeigte Bilder von ölverschmierten Vögeln, sterbenden Fischen und Stränden, deren Sand vom Ölschlamm durchtränkt ist. Die Vögel, darunter Stockenten, wurden, soweit sie noch lebten, eingefangen. Die Helfer in ihren blauen Schutzanzügen mühten sich, die Ölschicht mit Eimern und Schaufeln abzutragen. Auf den Stränden wurden Stoffmatten ausgelegt, durch die das Öl aufgesogen werden sollte. Die klebrige Masse wurde in große Plastikbehälter gegossen. Seit der Havarie konnten nach Schätzungen bisher erst knapp fünf Prozent des ausgetretenen Öls beseitigt werden. In den kleineren Bootshäfen wurde das Öl direkt abgepumpt. Die Katastrophe führte bereits zu sichtbaren Schäden in der Umwelt und der Industrie im Landkreis Taean, der etwa 120 Kilometer südlich von Seoul liegt. Normalerweise brächten die Fischerboote von ihrem Fang lebende Tier mit, sagte der Meerestierhändler Jeon Pyung Yong dem Sender SBS. «Jetzt kann ich keine lebenden Tiere mehr erwarten.» Für viele Familien steht ihr Lebensunterhalt auf dem Spiel. «Wir stehen kurz davor, unser Geschäft dicht zu machen», sagte die Besitzerin eines Meerestiere-Restaurants am Montag. «Heute habe ich überhaupt keine Gäste mehr.» Viele Besucher würden von dem Ölgeruch abgehalten.
Nach Einschätzung von Umweltgruppen und Experten könnte die Havarie des Tankers vor allem langfristige ökologische Folgen für die Region haben, die mit ihren schönen Stränden und Schutzgebieten jedes Jahr Millionen von Touristen anzieht. Nach Angaben des Koreanischen Ozean-Forschungs- und Entwicklungsinstituts in Asan wird es mehrere Jahre dauern, bis sich die Natur wieder erholt. Andere bezweifeln das. Eine gründliche Untersuchung stehe noch aus, sagte Yoon Sang Hoon von der Umweltgruppe Green Korea United. Der Schaden sei zum Teil jedoch schon zu groß, als dass sich die Natur in wenigen Jahren regenerieren könne. «Das Uferland ist völlig bedeckt mit Öl.» Vor allem die Tiere in diesem Bereich wie Krebse und Muscheln würden in Mitleidenschaft gezogen.
Nach Angaben von Innenminister Park Myung Jae werden voraussichtlich vier Gemeinden in den nächsten zwei Tagen zur Sonderkatastrophenzone erklärt. Damit würden Anwohner und Industrie schneller staatliche Hilfsgelder erhalten. Nach Angaben eines Sprechers des Fischereiministeriums sind bisher Zuchtbetriebe für Meerestiere auf einer Fläche von 2000 Hektar betroffen. Nach offiziellen Angaben wurde am Montag damit begonnen, das restliche Öl aus dem Tanker in andere Schiffe zu pumpen. Der in Hongkong registrierte 147 000 Tonnen-Tanker lag noch immer etwa zehn Kilometer vor der Küste vor Anker. Am Freitag war er von einem Lastkahn gerammt worden, der sich von einem Schlepper losgerissen hatte. Ein auf dem Kahn montierter Kran hatte dabei drei Löcher in die Außenwand des Tankers geschlagen. Die Küstenwache hatte nach ihren Angaben vergeblich versucht, den Kapitän des zum Schiffhersteller Samsung Heavy Industries gehörenden Schleppers zu warnen, dass ein Tanker in der Nähe sei. In den Medien des Landes wurde kritisiert, die Behörden hätten zu langsam auf die Katastrophe reagiert. Das Öl habe schneller die Küste erreicht als erwartet.