Kadetrinne wird neu vermessen

Es ist eine komplizierte Aufgabe, die auf die 16 Mann Besatzung des Vermessungsschiffes «Deneb» wartet und gestern mit dem Ablegen in Rostock-Warnemünde begann. Im kommenden halben Jahr sollen die Männer vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) die viel befahrene Kadetrinne in der Ostsee zwischen Deutschland und Dänemark vollständig neu kartieren. Dies ist vor zehn Jahren zuletzt geschehen, seither haben sich die Rahmenbedingungen in der internationalen Seeschifffahrt drastisch geändert, berichtet BSH-Seevermessungsleiter Thomas Dehling.

So hat sich die Zahl der Schiffspassagen in der etwa 36 Kilometer langen und mehrere 100 Meter breiten Schifffahrtsstraße auf heute rund 65 000 mehr als verdoppelt. Mit einer weiteren Verdoppelung ist bis 2015 zu rechnen, hauptsächlich durch den Öltransport aus dem russischen Hafen Primorsk. Die rund 500 000 Euro, die die Vermessung kostet, sind also gut angelegt. Auch nach der internationalen «Kopenhagen-Erklärung» von 2001 sollen alle Schifffahrtstraßen in der Ostsee neu vermessen werden. Die schmale Kadetrinne ist eine der am meisten befahrenen Schifffahrtsstraßen der Welt. «Und auch eine der kompliziertesten», ergänzt Dehling. Nur elf Meter ist sie an manchen Stellen tief, an den tiefsten Stellen sind es 30 Meter. Die für die Schifffahrt freigegebenen Routen sind mindestens 17 Meter tief - es geht eng zu. Deshalb ist der Schiffsverkehr genau reglementiert, wie auf einer Autobahn. Die geringe Tiefe erfordert genaueste Navigationskünste der Kapitäne, deren Schiffe meist 13 bis 15 Meter Tiefgang haben. Zudem ist in der Kadetrinne eine 90-Grad-Kurve. Ein Kapitän ist also von höchst detailliertem Kartenmaterial abhängig.

Die «Deneb» hat für Detailmessungen ein hochmodernes Fächer- Echolot an Bord. Mit diesem Gerät, das mit einer Ultraschall-Frequenz von rund 200 Megahertz arbeitet, können rund 120 Meter Meeresboden in der Breite auf einmal abgetastet werden. Der gesamte Meeresboden wird mit seinen Unebenheiten vermessen. «Unser Problem ist, dass wir fast zu viel Daten bekommen», sagt Dehling. Denn auch Fischschwärme oder Luftblasen können die Informationen verfälschen. «Wir müssen alle Objekte finden, die größer als zwei Meter sind.» Der Ostseegrund im Bereich der Kadetrinne ist ein schwieriges Terrain für die Vermessungstechniker. Uneben, viele Täler und viele kleine Hügel, «wie die Mecklenburgische Schweiz auf Meeresgrund», sagt Dehling. Völlig neue Erkenntnisse seien im kommenden halben Jahr von den Vermessungsfahrten nicht zu erwarten - nur würden nun kleinste Details entdeckt. Die werden immer wichtiger, denn die Schifffahrt ist ein knallhartes Geschäft, jede Stunde Zeiteinsparung kann in klingende Münze umgerechnet werden. Und so steuern die Kapitäne manchmal haarscharf an den Erhebungen vorbei.

«Spannend ist die Fahrt der Deneb durch den vielen Verkehr in der Kadetrinne», berichtet Kapitän Jürgen Heinrich. Oft muss die «Deneb» quer zur Fahrtrichtung oder gar entgegen dem internationalen Verkehr navigieren. Deshalb kann sie nur bei guter Sicht ausfahren und ist zudem auf modernste Technik wie das automatische Identifikationssystem AIS angewiesen. Mit AIS könnten die Bewegungen des Schiffes ganz genau eingeschätzt werden. Bekannt sind rund 30 Schiffswracks, die in der Kadetrinne auf dem Boden liegen. Aber sie behindern den Verkehr nicht. Wenn sie doch gefährlich sein können, sind sie mit Tonnen markiert und allen Kapitänen bekannt. Die Wracks im deutschen Teil der Kadetrinne sind schon von BSH-Tauchern besucht worden. Das sei wichtig, um über die genauen Details vor Ort Bescheid zu wissen und ob sich ein Wrack möglicherweise weg bewegen wird, sagt Taucher Holger Siekert. Einer der Gründe, warum er ins Wasser muss, sind allerdings Autos. «Die Autos werden in Deutschland gekauft, ausgeschlachtet und dann auf dem Weg nach Osteuropa über Bord geworfen.»

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