Jubel und Kritik in Panama

Als Panamas Präsident Martín Torrijos auf den Knopf drückte und die Riesenexplosion auslöste, jagten die 13,5 Tonnen Sprengstoff nicht nur die Hälfte des Hügels Paraiso in die Luft. Im mittelamerikanischen Land ließen sie auch unbeschreiblichen Jubel ausbrechen: 40 000 Menschen vor Ort und die meisten der drei Millionen Einwohner vor Fernsehschirmen feierten den Beginn der Ausbauarbeiten des Panama-Kanals so, als wäre eine Fußball-WM gewonnen worden. Umweltschützer und Wirtschaftsexperten kritisieren allerdings das 5,25-Milliarden-Dollar-Projekt. «Das war ein Meilenstein in der Geschichte, viele haben gestern vor Freude geweint», schrieb die Zeitung «La Prensa» am Dienstag. Das Blatt «Panama America» meinte gar, das Land mache sich auf den Sprung in die erste Welt. Es gab Autokorsos, viele sangen die Nationalhymne und schwenkten rot-weiß-blaue Nationalfahnen.

Für die modernen Riesenfrachter ist der 1914 eingeweihte, etwa 82 Kilometer lange Wasserweg zwischen Atlantik und Pazifik schon länger zu klein. Die so genannten Panamax-Schiffe passen gerade noch durch. Für Containerschiffe, die doppelt so viel Fracht transportieren, sollen breitere Schleusen gebaut werden, damit wichtige Einnahmen nicht verloren gehen. Im Jahr 2005 brachte der Kanal Panama Einnahmen in Höhe von rund 970 Millionen Euro ein. Neben Tourismus ist der Kanal der größte Wirtschaftsfaktor des Landes. Derzeit nutzen den Zeitvorteil der Kanaldurchfahrt 14 000 Frachter pro Jahr. Sie transportieren fünf Prozent der Waren, die weltweit gehandelt werden. Nach dem Ausbau soll der Kanal von 19 500 Schiffen pro Jahr befahren werden. Die Frachtaufkommen soll auf 600 Millionen Tonnen verdoppelt werden.

Mitte-Links-Präsident Torrijos, der das Land der Größe Irlands seit 2004 regiert, versicherte am Montag vor mehreren Staatschefs und Ex-US-Präsident Jimmy Carter, der Kanalausbau werde zur weiteren Bekämpfung der Armut beitragen. Der Ausbau soll laut Regierung von den Kanalgebühren und nicht von Steuereinnahmen finanziert werden. Die Befürworter des Ausbaus, allen voran die Kanalgesellschaft ACP, versprechen eine Art Schlaraffenland: Investitionen, Ansiedlungen von Banken, Reedereien, Versicherungen und vieles mehr. Der Ausbau werde 7000 ständige und 40 000 vorläufige Arbeitsplätze schaffen. Knapp 80 Prozent der Panamaer hatten sich im Oktober 2006 in einer Volksabstimmung für den Ausbau des Kanals ausgesprochen. Die Gegner sind in der Minderheit. Doch sie befürchten Schlimmes.

Die Bürgerinitiative «Alianza Pro Ciudad» (Pro-Stadt-Allianz) betonte am Dienstag, die Ausbauarbeiten würden unzählige freilebende Tiere wie Bären, Hirsche und Hasen gefährden. Außerdem würden Wälder zerstört. «Wir stellen nicht die wirtschaftliche Notwendigkeit des Projekts in Frage, beklagen aber, dass ein Fest um eine riesige Umweltzerstörung gemacht wird», klagt Sprecherin Raisa Banfield. Kritiker meinen auch, von den Gewinnen profitiere nur eine Minderheit. 37 Prozent der drei Millionen Panamaer leben den Vereinten Nationen zufolge unterhalb der Armutsgrenze. Zweifel werden auch in wirtschaftlicher Hinsicht angemeldet. Ein Hapag-Lloyd-Sprecher sagte, bis zur Fertigstellung im Jahr 2014/2015 könnten sich die Schiffsgrößen auch in dieser Region weiter nach oben entwickeln. Wichtig sei, dass auch die nordamerikanischen Häfen sich entsprechend weiterentwickeln. Zur Zeit haben die Häfen Schwierigkeiten, solche großen Schiffe abzufertigen.

Einheimische Gegner der Erweiterung, zum Beispiel der frühere Verwaltungsratschef Fernando Manfredo, argumentieren, das Projekt sei unnötig und wegen seiner Abhängigkeit von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen zu riskant. Fachleute äußerten zudem bereits Zweifel daran, dass Panama die Preise für eine Durchfahrt problemlos anheben könne. Derzeit zahlen größere Schiffe für die Durchfahrt 150 000 bis gut 300 000 Dollar. Der Kanal ist das Schicksal des kleinen Landes an der engsten Stelle des amerikanischen Kontinents. Gebaut wurde der Kanal 1913 von den USA. 25 000 Menschen ließen dabei ihr Leben. Die USA förderten die Gründung des Staates Panama, dessen Gebiet zuvor zu Kolumbien gehört hatte, und sicherten sich im Gegenzug die Kontrolle über die Kanalzone, die sie erst 1999 an Panama übergaben.

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