Immer weniger Küstenfischer

Trotz seit Jahren wieder stabiler Fangergebnisse sinkt die Zahl der Kutter- und Küstenfischer an Mecklenburg-Vorpommerns Ostseeküste dramatisch. Allein in den vergangenen zwei Jahren holte fast jeder sechste Fischer zwischen Ahlbeck und Boltenhagen seine Netze für immer ein. Von 350 Anfang 2005 sei die Zahl der Küsten- und Kutterfischer i, Land auf 294 gesunken, stellte Landesverbandschef Norbert Kahlfuß am Freitag auf dem Fischereitag in Stralsund fest. Zum einen schieden Fischer altersbedingt aus. Zum anderen aber sei der Beruf für junge Leute nicht mehr attraktiv. 1990 hätten noch 1350 Küstenfischer in Mecklenburg-Vorpommern ihren Lebensunterhalt mit Fischfang bestritten. «Diese Entwicklung schmerzt», sagt Kahlfuß.

Die Fischer hätten mit immer stärkeren Reglementierungen durch EU- Behörden zu kämpfen, nennt er einen Grund für das schwindende Interesse an dem traditionsreichen Beruf. Das Verbot für den Einsatz bestimmter Fanggeräte und Netze bedeute faktisch ein Fangverbot für den Dorsch. Die Vorschriften, beispielsweise zu Netzarten und Maschenweiten, würden immer restriktiver und komplizierter. «Bei allen diesen Problemen ist es kaum verwunderlich, wenn sich immer mehr Fischer die Frage stellen, ob sich das Geschäft noch lohnt.» Der 54-jährige Fischer Jürgen Krieger aus Dranske auf Rügen sagt, dass die Fischerei unter diesen Bedingungen für ihn nur noch Idealismus sei. «Mit dem Geldverdienen ist es für die kleinen Fischer vorbei. Aber junge Leute wollen Geld verdienen.» Harte Arbeit, bei Wind und Wetter auf See - da soll auch etwas dabei rumkommen.

Das Jahr 2006 war trotz der eher getrübten Stimmung für die Küstenfischer im Nordosten das erfolgreichste seit 2002. Mit Erlösen von rund 12,4 Millionen Euro konnte das Vorjahresergebnis nach Verbandsangaben um rund 700 000 Euro überboten werden. Insgesamt wurden knapp 21 800 Tonnen Fisch, davon rund 16 600 Tonnen Hering, angelandet. Das entspricht ungefähr dem Vorjahresergebnis. Für den Erlösanstieg sorgte 2006 vor allem ein Preisanstieg von 0,54 auf 0,57 Euro je Kilogramm Frischware.

Angesichts der sinkenden Dorschbestände in der Ostsee untermauerte das Schweriner Landwirtschaftsministerium seine Pläne, mit einem Zuchtprogramm die Erholung der Bestände zu fördern. Rund 40 Millionen Euro sollen in Aufzucht und spätere Auswilderung von Jungdorschen investiert werden, kündigte Ministeriumsmitarbeiter Gerhard Rudolphi an. Bei diesem wissenschaftlich begleiteten Programm handele es um das größte Fischereiprojekt in Mecklenburg-Vorpommern. Allerdings sei der Erfolg nicht vorhersehbar. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre war die deutsche Dorschquote auf Grund der gefährdeten Bestände von rund 20 000 auf 10 000 Tonnen halbiert worden.

Rudolphi kritisierte die zum Teil veralteten Lehrinhalte bei der Ausbildung des Fischernachwuchses. Die Inhalte seien zum Teil rund 20 Jahre alt und entsprächen nicht mehr den veränderten Bedingungen im Sinne von Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz. Das Ministerium bot an, dem Verband bei der Modernisierung der Ausbildung zu helfen. Der Fischereiverband seinerseits übte scharfe Kritik an den Verklappungen von Baggergut im Greifswalder Bodden. Die Bundeswasserbehörden hätten sich damit klar über bestehende Regelungen hinweggesetzt, sagte Kahlfuß. Dies sei eine «Schweinerei«.

Im Planfeststellungsbeschluss für die Vertiefung der Ostansteuerung im Strelasund sei festgelegt, dass auch bei Unterhaltungsbaggerungen kein Baggergut in den sensiblen Bodden versenkt werde. Das Wasser- und Schifffahrtsamt hatte Anfang Juni erstmals seit 19 Jahren wieder Schlick im Bodden verklappt. Die Fischer fürchten um die Heringslaichplätze dort und den Jungfischbestand.

Auch das Bundesamt für Naturschutz kritisierte die Verklappungen. Diese Maßnahmen seien rechtlich nicht haltbar, sagte der Fachbereichsleiter des Bundesamtes, Henning von Nordheim. Damit werde Algenwachstum und Sauerstoffmangel massiv gefördert. Die Festland-Deponien hätten ausreichend Kapazitäten.

Teilen
Drucken
Nach oben