Estland sagt Nein zu russischer Ostsee-Gasleitung

Die Regierung von Estland hat am Donnerstag vor der eigenen Küste Vorarbeiten für die geplante deutsch-russische Ostsee-Gasleitung untersagt. Außenminister Urmas Paet nannte in Tallinn das Bestehen auf Estlands nationaler Souveränität als wichtigsten Grund für die Ablehnung eines entsprechenden Antrages des Pipeline-Konsortiums Nord Stream, dessen Aufsichtsrat der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder leitet. Nord Stream hatte die Esten um grünes Licht zu wissenschaftlichen Untersuchungen für eine alternative Leitungsführung gebeten. Die russische Regierung bedauerte den estnischen Widerstand gegen das Projekt. Paet sagte im estnischen Fernsehen, die Untersuchungsarbeiten hätten ohnehin nur die bisherige grundsätzliche Ablehnung der auf 1200 Kilometer Länge geplanten Gasleitung bestärkt. Er meinte: «Ein Küstenland hat die volle Souveränität auch über eigene Meeresflächen. Und das gilt auch für das Recht auf wissenschaftliche Untersuchungen.» Die Regierung habe schon «vor langem» entschieden, dass Estland die Gasleitung ablehne. Nord Stream wollte den Meeresboden vor dem Baltenstaat untersuchen lassen, weil die finnische Regierung aus Umwelterwägungen eine Alternative wünscht.

Nord-Stream-Sprecher Jens Müller sagte: «Wenn wir die Umweltuntersuchung nicht machen können, müssen wir eben wieder mit der ursprünglichen Routenführung planen.» Mit der wahrscheinlich 5 Milliarden Euro teuren Leitung sollen ab 2010 nach bisheriger Planung 27,5 Milliarden Kubikmeter Gas aus Russland nach Deutschland gepumpt werden. Der russische Außenminister Sergej Lawrow äußerte die Hoffnung, dass «dies keine endgültige Entscheidung» der Esten sei. Tallinn sei gut beraten, sich nicht von «Ideologien, sondern von nüchternen Abwägungen» leiten zu lassen, zitierte die Agentur Interfax Lawrow.

Das Verhältnis zwischen den beiden ehemaligen Sowjetrepubliken Russland und Estland hatte sich im April dramatisch verschlechtert, nachdem es in Tallinn zu gewaltsamen Protesten gegen die Verlegung eines sowjetischen Kriegerdenkmals gekommen war. Daraufhin belagerten Mitglieder einer kremlnahen Jugendorganisation über Tage die estnische Botschaft in Moskau und attackierten auch die Botschafterin.

Teilen
Drucken
Nach oben