Energy Transition Outlook: Grundlegende Änderungen im Energiemix
Die Klassifikationsgesellschaft DNV hat erstmals einen Energy Transition Outlook (ETO) für Deutschland veröffentlicht. Dieser zeigt, dass die Bundesrepublik auf einem guten Weg ist, bis 2050 fast die Hälfte des Energiebedarfs mit Strom zu decken. Aktuell liegt dieser Wert bei 19 Prozent. Das Klimaneutralitätsziel bis 2045 wird Deutschland allerdings verfehlen.
Der Report prognostiziert, dass die CO2-Emissionen bis 2045 um 89 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden und um 95 Prozent bis 2050. Deutschlands Energiemix werde sich demnach drastisch wandeln: Bis 2050 wird der Anteil der Energieimporte an der Primärenergieversorgung von 70 Prozent auf 27 Prozent sinken, wodurch Deutschland deutlich unabhängiger von ausländischer Energie wird. Kohleimporte werden um 99 Prozent fallen, Ölimporte um 79 Prozent.
Auch für die Schifffahrt ermittelt der Report eine grundlegende Änderung: Der Anteil fossiler Brennstoffe werde von 99 Prozent im Jahr 2024 auf 42 Prozent im Jahr 2050 sinken. Strom, Ammoniak, Biokraftstoffe und E-Methanol aus erneuerbaren Energiequellen werden zu den alternativen Kraftstoffen gehören. Ab den 2040er Jahren können Schiffe auch mit Kernenergie betrieben werden, so die Autoren des Reports. Darüber hinaus werden einige mit fossilen Brennstoffen betriebene Schiffe mit Anlagen zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) ausgestattet, um die Treibhausgasemissionen weiter zu reduzieren. Die Elektrifizierung in den Häfen und die Umstellung der Schiffe auf Treibstoffalternativen tragen zudem zur Energieeffizienz und Emissionsreduktion bei. Der Energiebedarf der deutschen Schifffahrt werde zwischen 2024 und 2050 um 36 Prozent zurückgehen, während die geleisteten Tonnenkilometer aufgrund der steigenden Wirtschaftsleistung im gleichen Zeitraum zunehmen.
In der Hochsee-, Küsten- und Binnenschifffahrt werde Methanol den Angaben zufolge kurzfristig den größten Anteil (> 5 Prozent des Treibstoffs in 2032) und Ammoniak langfristig den größten Anteil (25 Prozent des Treibstoffs in 2050; Methanol 12 Prozent) an nachhaltigen Kraftstoffen ausmachen.
Die Schifffahrt spielt darüber hinaus eine erhebliche Rolle beim Transport von künftigen Energieträgern: Während der Transport von Öl und anderen fossilen Brennstoffen weniger nachgefragt werden wird, ist bei der Nachfrage nach Wasserstoff ein entsprechender Anstieg zu erwarten: Deutschland wird im Jahr 2050 voraussichtlich 10 Prozent seines Energiebedarfs durch Wasserstoff decken und damit 2,5 Prozent der jährlichen Weltproduktion verbrauchen.
Für den Schiffstransport wird das leicht transportierbare Ammoniak voraussichtlich das Medium der Wahl sein. Laut IEA Global Hydrogen Review 2024 werden 85 Prozent der Wasserstoffexporte in Form von Ammoniak erfolgen, der Großteil davon aufgrund der niedrigeren Transportkosten per Schiff. Die Verschiffungsmengen von grünem Ammoniak werden mit denen von Flüssiggas (LPG) vergleichbar sein und laut DNV neue Geschäftsmöglichkeiten für Reedereien schaffen. Einige Reedereien haben bereits Very Large Ammonia Carrier (VLAC), bestellt, die zum Teil auch Ammoniak als Brennstoff verwenden werden.
Um den Importbedarf an Ammoniak als Energieträger zu decken, benötigt Deutschland nach Schätzungen von DNV bis 2050 etwa zwölf VLAC mit einer angenommenen Kapazität von 93 000 m³ bei 75 Prozent Auslastung und einer Geschwindigkeit von 16 kn. Die Klassifikationsgesellschaft rechnet damit, dass die deutsche Nachfrage ab 2040 ein Niveau erreichen wird, das den Einsatz von VLACs rechtfertigt.
Der vollständige ETO kann hier runtergeladen werden: https://www.dnv.de/news/deutschland-auf-gutem-weg-zur-energie-unabhaengigkeit/