Beirut gibt See-Kontrolle an UNIFIL ab
Die libanesische Regierung hat vorübergehend die Kontrolle ihrer Küsten-Hoheitsgewässer an den internationalen Marineverband des UN-Einsatzes UNIFIL übergeben. Das habe das Kabinett von Premierminister Fuad Siniora am Mittwochabend entschieden, teilte das deutsche Verteidigungsministerium während eines Kurzbesuches von Minister Franz Josef Jung (CDU) am Freitag in Beirut mit. Jung sprach mit Siniora und seinem Amtskollegen Elias Murr und flog anschließend zu einem Treffen mit dem israelischen Verteidigungsminister Amir Perez.
Der Grund für die Übergabe der Kontrolle der Sechs-Meilen Zone bis zur Küste an den Marine-Verband unter deutscher Führung sei hoher Seegang gewesen, für den die libanesischen Schiffe nicht ausgerüstet seien, heiß es. Dadurch habe die Gefahr bestanden, dass mögliche Waffenlieferungen an die radikal-islamische Hisbollah im Libanon nicht hätten verhindert werden könnten. Wie lange, die Deutsche Marine die Kontrolle in der Sechs-Meilen-Zone behalten soll, war unklar.
Jung sagte dazu, Murr habe ihm angekündigt, diese werde wahrscheinlich «im Winter öfter erteilt». Die stellvertretende FDP- Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger sagte, Beirut könne diese Entscheidung jeder Zeit ändern und wieder die eigene Armee anweisen, die Hoheitsgewässer allein zu kontrollieren. Wenn die Freigabe dieser Zone ernst gemeint sei, müsse sie in einem UN- Protokoll festgehalten werden.
Damit bleiben Zweifel in der Opposition im Bundestag an der Effektivität des Marine-Einsatzes. Zu Irritationen hatte ein vertrauliches Papier des Verteidigungsministeriums in Berlin für den Verteidigungsausschuss des Parlaments gesorgt. Darin hieß es, der Marineverband dürfe die Sechs-Meilen-Zone nur auf Anforderung der libanesischen Regierung befahren. Abgeordnete befürchteten so eine mögliche Begünstigung von Hisbollah-Anhängern.
FDP und Linksfraktion sehen darin eine massive Einschränkung der Kontrollmöglichkeiten. Ferner warfen sie Jung, Außenminister Frank- Walter Steinmeier (SPD) und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, den Bundestag vor der Mandatserteilung im September belogen zu haben. Sie hatten erklärt, die Marine habe uneingeschränkt die Möglichkeit, verdächtige Schiffe zu verfolgen.
In einer ausführlicheren Version über die Vereinbarungen der libanesischen Regierung und der Vereinten Nationen beschreibt das Verteidigungsministerium, dass der Marineverband verdächtige Schiffe auch in die Sechs-Meilen Zone hinein verfolgen darf und dabei die Regierung in Beirut lediglich informieren muss.
Kurz vor seinem Besuch in Tel Aviv äußerte Jung erneut die Erwartung, dass es künftig zu keinen Zwischenfälle mehr zwischen der israelischen Armee und der deutschen Marine vor der libanesischen Küste kommen wird. «Ich gehe davon aus, dass es derartige Überflüge nicht mehr geben wird.» Jung machte erneut deutlich, dass der UN- Einsatz UNIFIL die Souveränität des Libanons und den Waffenstillstand mit Israel unterstützen soll. Für Deutschland gehe es aber auch um die Sicherung des Existenzrechts Israels und eine friedliche Lösung des gesamten Konflikts im Nahen Osten.
Jung wird die deutschen Soldaten des UN-Einsatzes UNIFIL am Samstag besuchen. Der Marine-Verband besteht aus insgesamt 20 Schiffen aus sieben Nationen. Deutschland stellt acht Schiffe mit bis zu 2400 Soldaten. Derzeit sind rund 1000 im Einsatz.