Editorial aus Schiff&Hafen 12/2023: Wirtschaftswunder 2.0?

Kathrin Lau, Chefredakteurin

Wir bauen die Dinger selbst!“ So manch einem mag die Aussage von Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck auf der diesjährigen Nationalen Maritimen Konferenz im Ohr geblieben sein. Dabei ging es um das Potenzial für die hiesige Schiffbaubranche, künftig Offshore-Konverterplattformen auf deutschen Werften zu fertigen und somit Arbeitsplätze und damit verbunden technisches Know-how zu sichern sowie einen wichtigen Schritt in Richtung Energiewende zu gehen. Die jüngsten Nachrichten aus Rostock und aus Papenburg stimmen diesbezüglich auch durchaus optimistisch: Ein speziell auf den Bau von Konverterplattformen spezialisiertes Joint Venture wurde gegründet, ein Auftrag für umfangreiche Stahlbauarbeiten vergeben.

Der Bedarf an den technologisch anspruchsvollen Bauten ist hoch und wird in den kommenden Jahren voraussichtlich noch steigen; entsprechend können sich Schiffbauer und Zulieferer hier durchaus in einem attraktiven Marktumfeld engagieren. Wichtiges Ziel ist hierbei, einen Großteil der Wertschöpfungskette in Deutschland (und Europa) zu halten. Wird der Ausbau der Offshore-Windenergie damit zum Retter des deutschen Schiffbaus, so wie einst der griechische Reeder Aristoteles Onassis bezeichnet wurde? Onassis war seinerzeit – Mitte der 1950er – für mehr als die Hälfte der deutschen Schiffsproduktion verantwortlich und wurde damit zu einem wichtigen Faktor für das deutsche Wirtschaftswunder. Um das Schiffbauverbot der Alliierten zu umgehen, wurden zunächst in Deutschland Schiffe für seine Flotte zu Walfangbooten umgebaut; als das Verbot aufgehoben wurde, gab Onassis Tanker der (damaligen) Superlative in Bremen und Hamburg in Auftrag.

Diese Zeiten sind lange vorbei: Dass auf deutschen Werften – zumindest in absehbarer Zeit – keine Tanker oder Containerschiffe mehr vom Stapel laufen werden, darüber herrscht Konsens. Und trotzdem gehört der Schiffbau und das benötigte Ingenieurwissen nach Deutschland; Habeck sprach in diesem Zusammenhang vor ziemlich genau einem Jahr gar von einer „identitätsstiftenden Branche“.

Und doch: Offshore-Konverterplattformen sind eben keine Schiffe; bei ihrer Konstruktion handelt es sich natürlich nicht um den klassischen Schiffbau. So düster es klingen mag – die derzeitigen Aufträge aus der Marine, für Spezial- und Behördenschiffe, Kreuzfahrtriesen und Reparatur- und Nachrüstungsarbeiten werden die noch bestehende Diversität der hiesigen Werftenlandschaft nicht aufrechterhalten können. Obgleich insbesondere der Bedarf an Letzterem im aktuellen Marktumfeld weiter zunimmt.

Für die avisierten Klimaziele ist der rasche Ausbau der Offshore-Windenergie unumgänglich; damit verbunden die (wirtschaftliche) Herstellung der benötigten Assets. Auf den Werften sind das Know-how und Kapazitäten vorhanden, Verträge mit (neuen) Zulieferern können schnell geschlossen werden. Der Bau von Konverterplattformen in Deutschland wird nicht zu einem neuen Wirtschaftswunder führen, aber er kann in jedem Fall einen weiteren Abschwung, zum Teil auch in strukturschwächeren Regionen, verhindern. Außerdem bietet er die Chance, dass die maritime und Offshore-Branche wieder näher zusammenrücken, Kräfte bündeln und zu einem starken Industriezweig erwachsen können.

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