Editorial aus Schiff&Hafen 05/2024: Communicare necesse est

Katrin Lau, Chefredakteurin

Es fällt dieser Tage schwer, ein Thema abseits der geopolitischen Konflikte zu kommentieren und einzuordnen. Insbesondere die dramatisch eskalierende Lage im Nahen Osten, wo ein Ende nicht in Sicht ist, nimmt viel Raum im täglichen Miteinander ein. Nicht zuletzt auch in der maritimen Wirtschaft, denn weiterhin ist die Gefahrensituation für die Handelsschiffe im Roten Meer hoch und bleibt mitunter unüberschaubar. So wichtig die internationalen Aufrufe zur Deeskalation jetzt sind, so wenig werden sie vermutlich das Geschehen beeinflussen können. Und doch bleiben Kommunikation und Diplomatie ein essenzielles Instrument – welches jedoch sinnlos ist, wenn es nur einseitig betrieben wird

„Man kann nicht nicht kommunizieren“ ist ein in der Kommunikationswissenschaft bekanntes Axiom des österreichisch-US-amerikanischen Philosophen und Psychoanalytikers Paul Watzlawick. Kommunikation ist überall, wo Menschen sind. Kommunikation und die Kommunikationsmittel unterliegen dabei seit jeher einem ständigen Wandel. Die intelligente Vernetzung von Maschinen und Prozessen in der Industrie mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnologie – seit der Hannover Messe 2011 auch als Vierte Industrielle Revolution bezeichnet – hat in den vergangenen Jahren unter anderem maßgeblich dazu beigetragen, neue und verbesserte Formen der Kooperationen zu ermöglichen: Neue (digitale) Technologien und Innovationen verbreiten sich deutlich schneller als zuvor; Daten können schneller und zuverlässiger gesammelt, ausgewertet und weitergeleitet werden. Im Ergebnis können Prozesse effizienter, kostengünstiger und sicherer gestaltet werden. Natürlich gibt es auch hier eine Kehrseite der Medaille: Die Gefahr von Cyber-Angriffen und Datenschutzverletzungen sowie die Notwendigkeit, Mitarbeiter entsprechend mitzunehmen und die Unternehmenskultur weiterzuentwickeln, bringen nicht unerhebliche Anforderungen mit sich.

Der Nutzen überwiegt jedoch und zeigt sich auch vielfältig in der maritimen Industrie – ob in der Produktion, in der jetzt immer häufiger an Verfahren der additiven Fertigung geforscht wird, oder im operativen Schiffsbetrieb, in dem automatisierte Systeme mittlerweile weit verbreitet sind. Und auch hier trägt die Anwendung digitaler (KI-gestützter) Technologien zur Optimierung der Kommunikation zwischen Schiffen untereinander oder von Schiffen an Land bei. Innerhalb eines aktuellen Forschungsprojekts des Fraunhofer-Centers für Maritime Logistik und Dienstleistungen CML wird beispielsweise ein Spracherkennungssystem entwickelt, das künstliche Intelligenz nutzt, um den Sprechfunkverkehr in Textform umzuwandeln und in Echtzeit bereitzustellen. Das könnte das Verständnis und die Interpretation von Meldungen – insbesondere in herausfordernden Situationen und lauten Umgebungen – unterstützen und zur Erhöhung der Sicherheit beitragen.

Das Risiko von Missverständnissen, von Misskommunikation ist immer da: ob im Funkverkehr, in der Diplomatie oder im täglichen Miteinander. Moderne Medien und Technologien können dazu beitragen, Übertragungsqualität und auch Übersetzungen zu verbessern; Das Mindset des Empfängers und des Senders und die Bereitschaft, zuzuhören und gegebenenfalls Kompromisse einzugehen, vermögen sie indes nicht zu gestalten.

 

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